Ziel unseres recall´s ist es, alle auswärtigen Patienten mindestens einmal nachzuuntersuchen. Und zwar nach einem halben Jahr. Das Gros der Patienten ignoriert unser Schreiben, nur eine Minderheit meldet sich letztendlich für einen Kontrolltermin an. Es sind meist die Patienten, die nicht vollständig beschwerdefrei sind, sondern unter unbestimmten, subakuten Missempfindungen leiden. In den wenigsten Fällen lässt sich ein morphologisches Korrelat dazu darstellen. Die Zähne stehen klinisch ordentlich da, die Kontrollaufnahmen sind ohne Befund. In dem ein oder anderen Fall würde ich die Sache gerne weiterverfolgen – die Aussicht auf ein DVT wird eher seltener goutiert. Ein weiterer Arzttermin? Kosten? Nun, so schlimm ist´s auch wieder nicht. Interessant ist für mich der folgende Ansatz, über den ich bei den sehr geschätzten Wurzelspitzern gelesen habe.
Grundlagen
Medikamentöse Einlage vs. Waschmaschine
Wieviel medikamentöse Einlage ist nötig, wieviel ist möglich? Von Herbert Schilder ist das (sinngemäße) Zitat überliefert: Die beste medikamentöse Einlage ist die Aufbereitung. Also kein Calciumhydroxid, kein Ledermix, keine Mischung aus beidem. Und auch keinen der zahllosen anderen Wirkstoffe, die im Kollegenkreis hochgeschätzt und täglich zur heilsamen Wirkung eingesetzt werden, v.a. wenn es um die Vermeidung von Schmerzen nach Wurzelbehandlung geht.
Kann man also auf eine medikamentöse Einlage verzichten? Sich die Zeit sparen für das Einbringen und – normalerweise deutlich aufwändiger wenn nicht unmögliche – vollständige Entfernen? Dem Neugierigen sei folgende Überlegung angeboten: devitale Wurzelkanalsysteme sind dahingehend „tote“ Räume, da ohne Blutzirkulation kein Austausch zwischen verschiedenen Arealen stattfindet. Eine medikamentöse Einlage wird also nur dort eine Wirkung verrichten, wo sie tatsächlich angekommen ist. man könnte auch von einer topischen Wirkung sprechen. Oder anders gesagt: Aus einer Waschmaschine, die sich nicht dreht, kommt keine saubere ….. . Ein aktiver Einfluß auf die Immunreaktion im periapikalen Raum im Sinne einer systemischen Wirkung dürfte daher weitgehend ausgeschlossen sein. Eine medikamentöse Einlage ist keine Schmerztherapie – entzündungshemmende Schmerzmittel sind hier das Mittel der Wahl. Und die Desinfektion? Kann eigentlich nur durch die chemomechanische Aufbereitung erbracht werden. Unsere med besteht deshalb aus einer dicken Schicht Calciumhydroxid unterhalb des provisorischen Verschlusses. Ziel ist es, eine Kontamination oder Reinfektion des Wurzelkanalsystems zwischen den Behandlungssitzungen auszuschließen.
Kosten
Fakt ist: die Kosten einer aufwändigen Wurzelkanalbehandung werden nicht vollständig von gesetzlichen Krankenkassen übernommen. Fakt ist auch: Jeder Zahnarzt geht anders mit dieser Problematik um. Für Patienten kann das sehr verwirrend sein, wenn in einer Praxis a die Behandlung den Betrag x kostet, während die Arbeitskollegin für die „gleiche“ Behandlung in der Praxis b den Betrag y bezahlt hat. Dementsprechend können Gespräche zwischen Zahnarzt und Patient über Eigenanteile an der Behandlung von mehr oder weniger viel Stress begeleitet sein. Dabei könnte alles ganz einfach sein. Die Krankenkassen übernehmen sämtliche Kosten einer Behandlung, sei sie noch so kompliziert und aufwändig. Schluß, aus, fertig. Dieser Zustand wird jedoch Fiktion bleiben, hier ist auf absehbare Zeit keine positive Veränderung in Sicht. Uns Zahnärzten wird deshalb auch in Zukunft nichts anders übrig bleiben als Kosten beim Namen zu nennen, dem Patienten wertschätzend zugewandt, transparent und ehrlich, während Patienten …einfach alles bezahlen sollen? Nein, Patienten haben ein Recht darauf, im Rahmen eines Aufklärungsgespräches über die Hintergründe informiert zu werden. NIcht stundenlang, dafür aber wertschätzend, transparent und ehr …
Im Zweifelsfall gilt immer noch der alte Spruch aus Kindestagen: Was du nicht willst, das man dir tu, das füg auch keinem anderen zu. In diesem Sinne wünsche ich mir für die Zukunft ein konstruktives und entspanntes Miteinander statt ätzenden Diskussionen über mißwirtschaftende Krankenversicherungen und Versäumnisse der Gesundeitspolitik.
(Reihe: Die häufigsten Fragen ….zusammengetragen von Svenja Söllner, Vertrieb VDW München)
Wiederverwendbarkeit von Feilen
Zunächst sind Nickel-Titan-Instrumente Werkzeuge – nützliche Helfer auf dem Weg zu einer optimalen Wurzelkanalbehandlung. In der weiteren Betrachtung sind Ni-Tis relativ teuer, so entspricht eine VDW-Mtwo ca. 4 VDW K-Feilen für den Handgebrauch. Und damit erreichen jene doctors little helpers eine gewisse Berühmtheit im Praxisbudget. Zumindest sollten sie das, denn, was die die Wiederverwendbarkeit angeht, sind Nickel-Titan-Instrumente wegen der immer vorhandenen Bruchgefahr mit Vorsicht zu genießen. Vor allem bei mehrfach verwendeten Feilen steigt die Bruchgefahr deutlich an, als Vorsichtsmaßnahme wurde empfohlen, die Vorgeschichte des jeweiligen Instruments zu dokumentieren. Ums vorwegzunehmen, diese Dokumentiererei hat bei uns nicht funktioniert. Nicht mit Markierungen im Schaft, nicht mit Kreuzchen auf einem Zettel, nicht mit Extra-Stopper zum Draufstecken. War alles nix. Das einzige was bei uns hinhaut sind neue von gebraucht/sterilisierten Feilen zu trennen. Es ist also immer klar, ob ein neues Instrument eingesetzt wird oder ein gebrauchtes. Denn, je nach Situation ist eine neue, optimal schneidende Feile erforderlich oder es handelt sich um einen vergleichsweise gutmütigen Wurzelkanal, dann kann ein Werkzeug mit Arbeitsspuren verwendet werden. Also statt unsicherer Doku lieber eine realitische Einschätzung in der Situation. Im Zweifelsfall immer zugunsten der neuen Feile entscheiden. Und darauf hoffen, daß sich mit dem nächsten einfachen Fall die Sache mit den Kosten erledigt hat.
(Reihe: Die häufigsten Fragen ….zusammengetragen von Svenja Söllner, Vertrieb VDW München)
Bruchgefahr der Feilen
Den flexiblen NiTi-Feilen gebührt das Verdienst, die Wurzelkanalbehandlung erheblicht vereinfacht zu haben. Woran liegt das? Bestimmt erinnern sich viele Zahnärzte an die ermüdenden Beschreibungen der verschiedenen Hand-Aufbereitungstechniken während Ihrer Ausbildung und deren praktische Umsetzung im Phantom-Kurs. Die roten Fingerkuppen, gefühlos bis hin zur Taubheit. Letztendlich dann das stundenlange Schaben in den Wurzelkanälen mit der Haustechnik, begradigte Kanäle, Verlust an Arbeitslänge und purer Frust. An die zähen Diskussionen mit den Kollegen ob der Hedström- oder der K-Feile der Vorzug zu geben sei. Vergessen, vorbei, ums Eck, mit Nickel-Titan. Wäre nicht die allgegenwärtige Bruchgefahr, die Niti´s hätten das Zeug zum Star. Denn, ist die Feile jedoch im Kanal geblieben, hat der Spaß ein Loch. Und nicht wenige Behandler wenden sich wieder der Handaufbereitung zu, den roten Fingern … In zahllosen Studien zum Frakturverhalten von NiTi-Instrumenten wurden zwar alle Arten von Parametern untersucht und die verschiedensten Empfehlungen ausgespochen, ist die Feile weg, hat man davon jedoch wenig.
Folgende wenige Regeln erleichtert meine praktische Arbeit und mögen deshalb Leseres Phantasie in Sachen Umgang mit NiTi-Instrumenten bereichern. Sie werden jedoch das Problem des Feilenbruches nicht vollständig lösen können.
- Geradliniger Zugang zum Wurzelkanal durch Abtragen der Überhänge im Bereich der Kanaleingänge. In Molaren möglichst mesial und möglichst weit buccal trepanieren.
- Gleitpfad per Hand präparieren, Iso 10 verwenden.
- Schwierige, grazile, stark gekrümmte Kanäle nur mit neuen Feilen instrumentieren.
- Endo-Motor verwenden. Rund 300 Touren eintippen, niedriges Drehmoment wählen. Ständiges Anpassen an die jeweilige Feile ist nach meiner Erkenntnis nicht erfoderlich.
(Reihe: Die häufigsten Fragen ….zusammengetragen von Svenja Söllner, Vertrieb VDW München)
Dauerprov
Frontzahnversorgungen sind, welch großartige Erkenntnis, v.a in ästhetischer Hinsicht sehr empfindlich. Farbe und Form der Zähne sind hierbei die Aspekte die die Patienten vornehmlich interessieren, der Zahnarzt schaut dazu noch genau auf´s Zahnfleisch um der weißen Ästhetik die ebenso wichtige rote Ästhetik hinzu zu fügen. Rote Ästhetik heißt gesundes Zahnfleisch ohne Entzündungszeichen wie etwa Rötung und Schwellung (Pfeile Bild oben). Wir verwenden hierzu Dauerprov genannte, temporäre Versorgungen, die im Dentallabor hergestellt, die angestrebte Form und Farbe der definitiven Versorgung vorweg nehmen und dazu dienen, entzündetes Zahnfleisch auszuheilen. Das gelang im oben dargestellten Fall sehr ordentlich, die stark geröteten Bereiche sind verschwunden (Bild unten). In Sachen Form der Zähne hapert´s freilich nocht etwas – hier ist eine Korrektur notwendig. Fortsetzung folgt.