Seitenkanäle abzufühlen ist ein besonderes Glück, gleich zwei davon eine Rarität. In der halbjährigen Verlaufskontrolle (rechtes Bild) ist die Aufhellung um den mesialen „sealer-puff“ annähernd verschwunden. Vorausgegangen waren gewisse Unsicherheiten in der Bestimmung der Aufbereitungslänge. Zunächst war die endometrische Längenbestimmung das reinste Rätselraten. Röntgenologisch war die Wurzelspitze nur schwer zu identifizieren, zudem ist bei Eckzähnen die Einstellung des Filmes oft eine Herausforderung. Ist der Film im Mund nur geringfügig verbogen, resultiert daraus eine Verzeichnung, die keine exakte Vermessung der Länge des Zahnes zulässt. Wäre da noch die Möglichkeit der „Nadelaufnahme“ in der eben auch die gesamte Problematik des Röntgens versteckt. Gern genommen sind eine ordentliche Portion Fingerspitzengefühl und viel Glück. Dann können aus Wurzelfüllungen Raritäten werden.
Fallbeispiele
2008
Mit der Anzahl an „Vorbehandlungen“ sinkt normalerweise die Wahrscheinlichkeit, den Behandlungsfall ordentlich abzuschließen. So war bei Entgegennahme des Überweisungschreiben eine gewisse Skepsis angezeigt, waren doch eine ganze Reihe von med. Einlagen erfolgt. Die Überraschung dann nach Entfernung des prov. Verschlusses: Überweiser hat mit viel Fingerspitzengefühl das Wurzelkanalsystem aufbereitet, ohne auch nur den Hauch eines Flurschadens zu hinterlassen. Jener Kollege hatte vor einigen
Monaten angerufen und bestand auf einem persönlichen Gespräch bevor er Patienten überweisen wolle. Mittlerweile konnten wir zwei Patienten versorgen, beide waren gewissenhaft vorbehandelt und aufgeklärt worden. Da dürfen 2008 gerne noch mehr kommen.
Wurzelkanalspülung
In der Wurzelkanalspülung ist weniger die Frage interessant womit man spült (Natriumhypochlorid ist das Mittel der Wahl), sondern wie. Wir verwenden 27 G Injektionskanülen in Verbindung mit 10 ml Lock-Spritzen. Immer mit größeren Volumina arbeiten, ohne Druck und dafür mit viel Bewegung. Vor allem letztere ist von großer Wichtigkeit: dadurch läßt sich ein Verklemmen der Kanüle im Kanal vermeiden, die Spüllösung wird ungehindert nach koronal entweichen und kann so nicht in den periapikalen Raum überpresst werden
WSR oder Wurzelbehandlung
Kontinuierlich sinkende Fallzahlen für Wurzelspitzenresektionen spiegeln anschaulich den Niedergang dieser stark kritisierten Behandlungsmethode. Dabei gehören WSR´s zum Standardrepertoire eines jeden gestanden Kieferchirurgen und reseziert wird eigentlich alles, was bei drei nicht auf dem Baum ist. Im patiententengünstigsten Falle handelt es sich um einen Frontzahn, Seitenzähne hingegen erfordern eine besonders leidenschaftliche Hingabe an chirurgische Eingriffe. Jene war im vorliegenden Fall nur ebenso rudimentär vorhanden wie die zahnärztliche Indikation. Gut, daß Patient die Frage genau beantwortet haben wollte, ob es nicht ohne operieren geht. Geht wunderbar – ist nur nicht jederzahnarzts Sache.
Missverständis ausgeschlossen?
Natürlich gibt es auch Klassifizierungen für Wurzelkanäle. In Frage kommt die K.en nach Weine oder nach Vertucci. Beide beziehen sich nicht auf den gesamten Zahn, sondern auf einzelne Wurzeln. Deshalb kann ein Zahn in einer Wurzel eine Klasse X haben und in einer anderen eine Klasse Y. Weines´s Klassifizierung ist nach meinem Dafürhalten sowohl die einfachere wie auch die geläufigere. In unserem Beispiel liegen zwei Hauptkanäle mit getrennten Zugängen vor, hier mesial und distal gelegen, die in einem apikalen Foramen münden. Macht Weine Klasse II. Nach Vertucci eingeteilt, würde auch eine Klasse II herauskommen. Fazit: Im dargestellten Fall wären Missverständnisse eingentlich ausgeschlossen. Allerdings verfügt ein unterer Siebener meist über zwei getrennte Wurzeln….
Entscheidungsfindung III/Abschluß
Mit dem Einsetzen der Krone endet die Behandlung des linken unteren Quadranten. Dazu wurde eine Keramikkrone aus der Zahnwerkstatt von Jürgen Dieterich geordert – wie gewohnt eine elegante Symbiose aus Form und Farbe.