Sonntag vor zwei Wochen dann die Abschlussrunde auf meiner Lieblingsstrecke. Über Remseck und Winnenden auf die Buocher Höhe, dann der Schurwald vom Remstal aus, zum Abschluß noch die Rampe von Reichenbach nach Baltmannsweiler. Raimond ist mit dabei und hat zwischenzeitlich seine letzten Körner gegeben – wenig später hält er wortlos an einer Bäckerei an um kurz darauf freudenstrahlend mit einem gut gefüllten Tablett auf der Straße zu erscheinen. Die 100 Kilometer gingen gut und vor allem die Anstiege gelangen mehr als ordentlich. Jetzt noch etwas Nachschlag, dann steht das tapering mit deutlich reduzierten Umfängen an. Nur noch den Ironman finishen und die zweite dicke Kerbe in den Gürtel schnitzen. So wars geplant. Am Montag darauf bin ich enorm müde und winke das abendliche Schwimmtraining durch. Darauf kommts jetzt auch nicht mehr an. Dienstag Nacht wache ich auf, der Hals kratzt. Bitte nicht. Der weitere Ablauf: Die Lypmhknoten werden dick, die Nase fängt an zu laufen und der Husten setzt ein. An Training ist nicht zu denken, auch nicht an das leichteste. Und an den Wettkampf auch nicht. Und wenn ich mirs genau überlege: die gesamte Wettkampfvorbereitung lief in einigen Phasen mehr als mühsam. Zunächst komme ich Dezember/Januar nicht in die Gänge, kann aber mit 1800 Metern beim Halb-Stunden-(Schwimm)Test eine ordentliche Leistung zu den Akten nehmen. Leider gehts so nicht weiter: die linke Schulter schmerzt, Schwimmkarenz. Der Winter will nicht aufhören, nochmal Schnee und nochmal Schnee. Und nach der ersten längeren Radeinheit im April bin ich direkt zehn Tage wegen Erkältung ausser Betrieb. Die ersten Trainingsumfänge über zehn Wochenstunden gelingen recht spät. Viel hilft viel – ich versuche die Defizite durch mehr Engagement auszugleichen und werfe dafür die Periodisierung des Trainings über den Haufen. Der Verzicht auf die Ruhetage schlägt sich zwar in Trainingsstunden nieder, gleichzeitig steigt aber auch die Müdigkeit. So mag es kein Zufall sein …. Gerner, Wolfgang (M 45): dns (did not started).
Ausdauer
Winter
Ältere Patienten kommen gerne in Begleitung. So bringt auch Frau R., hoch über 80 Jahre alt, ihre Tochter mit. Während der Unterfütterung schaue ich aus dem Fenster, laut über die Launen des Winters nachdenkend. Ich erkläre der Tochter, daß mir der Winter dieses Jahr sehr gut gefällt. Statt morgens mit der Auto jeder Schneeflocke auszuweichen nehme ich die S-Bahn, die in der Vergangenheit für erheblichen Unfrieden sorgende Winter-Kehrwoche verläuft bis dato reibungslos. Alles in bester Ordnung eben. Zwei Tage später eine mail unseres Vermieters. Der Nachbar hätte sich gemeldet. Das Räumen eines lediglich einem Meter breiten Streifens auf dem Zugang zum Hinterhaus sei nicht ausreichend, er bestehe auf einem zwei Meter breiten Streifen. Wäre doch zu schön gewesen …
Ein weiteres highlight im Winter: die Lampenläufe. Eineinhalb Stunden durch den Schnee nach Hause stapfen lockert den verspannten Rücken und lüftet den Geist. Für den notwendigen Durchblick sorgt die neue Lampe. Darauf wöllt ich nicht mehr verzichten.
gita in bicicletta

Pünktlich nach der Landesgrenze beginnt das Radio zu rauschen, eine Sendersuche ist angezeigt. Das aktivieren der scan-Funktion bringt nacheinander die stärksten zu empfangenden Sender. Einer der ersten angebotenen ist R.Maria, derzeit wird ein Rosenkranz übertragen. Der Prediger führt mit einem kratzigen Ave O Maria, die Gläubigen antworten mit Prega per noi. Bienvenuti in Italia! Italien ist ein frommes Land. Kein noch so kleines Dorf ist ohne Kirche, in einigen davon lenken braune Wegweiser die Reisenden nach einem Santuario. Dahinter verbergen sich für gewöhnlich mehr oder minder ordentliche Wallfahrtskirchen, teilweise in spektakulärer Lage. Eine dieser Kostbarkeiten ist das Santuario Madonna del Sasso, knapp 500 Meter auf einem Felsen über dem Ortasse gelegen. Für den normal-Frommen ist Madonna del Sasso nicht unbedingt eine Pflichteinheit, für den normalen ciclisti hingegegen ist der knackige Anstieg von San Maurizo d´Opalio aus auf jeden Fall eine Fahrt wert. Mit dem Rad ist diese etwas längere Rampe eine gute Vorbereitung für das Brett auf der anderen Seite des Sees, den Mottarone. Dort liegen die Verhältnisse etwas anders. Zwischen Omegna am Ostende des Lago D´Orta und dem Mottarone darüber liegen ca. 1350 Höhenmeter und eine gerüttete Anzahl steiler Passagen. Ein anderes Kaliber als mancher stramme Pass in den Alpen. Die Auffahrt besser über den Umweg Stresa und Gignese (lausiger Asphalt), runter dann über Armeno und Ortasee (Asphalt sehr ordentlich). Erster Teil des Sommer-Beitrags im zahnblog.
Nie mehr Bananen
Wecken dann also um 4 Uhr. Zähneknirschend gebe ich die Zahlen ins Handy ein und wir machen das Licht aus. Das wären dann gerade mal 6 Stunden Schlaf. Bis es dann soweit ist, geht gut eine Stunde rum, den nächsten Landgasthof bitte ohne mißtrauischen Hofhund oder -beleuchtung, die direkt ins Zimmer scheint. 4 Uhr 30 machen wir uns auf den Weg zum Start, noch ist es stockdunkel und meine Gefühlslage ist irgendwo zwischen Hoffen und Bangen. Die mitfahrende Gattin entschließt sich zur positiven Unterstützung. „Wird schon!“ Das Programm bis zum Start um 7 Uhr 30: Soviel frühstücken wie geht und ein leichtes warm-up bevors losgeht, in der Fachsprache „Anschwitzen“ genannt.
Das Frühstück aus Müsli, kalten Nudeln und heißem Ingwertee ist drin, das Aufwärmen absolviert. Also rein in den Neo. Verabschiedung von der Gattin. In der Wechselzone ein wohlgeordnetes Chaos an Teilnehmern, die nervös die Fahrradschläuche überprüfen oder einfach in der Ecke liegen und zu entspannen versuchen. Oder noch einen letzten Riegel reinziehen. Einer läuft mit weißen Schläppchen an mir vorbei, clever, der hat jetzt wenigstens keine kalten Füße. Wozu diese Stoffdinger aus Hotel gut sein können … Irgendwann geht alles ganz schnell, meine Startgruppe wird aufgerufen, Brille auf, Schwimmkappe drüber. Rein ins Wasser, abgehts. Ohne den gewohnten Strich am Boden gerät geradeaus schwimmen zur Doktorarbeit, gut, das bald der Wechsel aufs Rad ansteht. Im Wechselzelt eine Bullenhitze, überall schälen sich die Sportler aus den Anzügen, dazwischen helfende Hände bereit, die schwarzen Dinger in die Tüten packen, Compressionsshirts zurechtzuzupfen und noch schnell Riegel in die Taschen zu stopfen. Die Radstrecke besteht aus zwei Runden, angekündigt sind insgesamt 900 Höhenmeter. Was mir als erstes auffällt: alle sind schneller als ich. Obwohl ich oft komfortable 30+kmh auf der Uhr stehen habe, bin ich offensichtlich recht langsam. Nachdem sich die Radrunde aber doch noch etwas zieht, halte ich meine Körner zusammen und versuche den 30er Schnitt zu halten. Auf der zweiten Runde dann Langeweile. Ich kurble still vor mich hin, werde immer noch bevorzugt überholt und überlege mir Dinge wie: noch ein Viertel bis zur Hälfte der zweiten Runde oder kurz: ziemlichen Mist. Blicke in die Landschaft. An einem Kuzifix ist ein kleines Schildchen angeschraubt: Mensch, denke an den Tod. Ein Ort heißt Schwimbach. Am Feldweg steht: Kein Winterdienst. Klar, wozu auch. Die Mitglieder der freiwilligen Feuerwehr haben eigentlich irgendeine Ordnungsfunkton entlang der Strecke, spielen stattdessen aber Karten unter einem Sonnenschirm. Recht so. Und zwischen dem Gucken, Schmunzeln und Wundern über das hohe tempo der anderen: Riegel, Gel, Wasser, Iso. Und Bananen. Viele Bananen. Wechsel auf die Marathonstrecke. Es geht durch ein Kieferwäldchen an den Main-Donau-Kanal. Was mir als erstes auffällt: alle sind langsamer als ich. Am Kanal dann zunächst einmal runde 8 Kilometer hoch und zurück, dann 10 Kilometer runter und zurück. Oder anders gesagt: die Strecke ist recht übersichtlich. Alle zwei Kilometer Verpflegung. Zwischen den Stationen überlege ich mir das Menü für die kommende. Zum Beispiel: Iso mit Banane oder Cola mit Banane. Oder das Gel kurz vor der Station einwerfen, mit Wasser runterspülen und zum Nachtisch Banane. Oder doch einen halben Riegel? Mittlerweile habe ich 10 Stunden auf der Uhr, fühle mich gut und würde gerne das Tempo etwas anziehen. Gleichzeitig spüre das zerbrechliche Gleichgewicht in den Oberschenkeln: Mehr Tempo geht nicht, auch wenns die 130er Herzfrequenz hergeben würde. Bei Kilometer 39 den letzten Schluck verdünnte Cola, die letzte ….. Und danach nie wieder Bananen.
Nach einem Jahr Vorbereitungszeit und 11:24 h bin ich im Ziel. Gesund, glücklich, zufrieden.