Wenn das kein Grund ist: Als unlängst die El Bulli – DVD angekündigt wird, aktiviere ich direkt meinen stillgelegten lovefilm-account.
Gib mir nichts, was nicht gut ist. Köche packen Gerätschaften in Kisten, bald folgt die Kamera einem Transporter über den Asphalt. Im Hintergrund die Türme der Sagrada Familia, willkommen in Barcelona. Hier wird sich die Mannschaft des El Bulli für einige Wochen in eine Küche zurückziehen, um an neuen Rezepten für die nächste Saison zu arbeiten. Und schon bald wird klar: die Entwicklung eines neuen Gerichts ist alles andere als ein Honigschlecken. Vielmehr handelt es sich um eine intensive Auseinandersetzung mit einem Lebensmittel und der Frage, was sich daraus zubereiten lässt. In ungezählten Experimenten versucht die Mannschaft des El Bulli, allen voran die Küchenchefs Oriol Castro und Eduardo Xatruch, den Produkten ihre Geheimnisse zu entlocken – und mindestens so viele Versuche zeitigen nicht das gewünschte Ergebnis, werden dokumentiert und verschwinden in den dunklen Archiven der Aktenordner …. Dazwischen Ferran Adriá, meistens mit großem Ernst in der Miene und mobile am Lauscher, selten lachend, der eher die Funktion eines Regisseurs inne hat und weniger der Koch ist.
Denkt nicht, das man morgens eine Idee hat und das wars. Die Saison im El Bulli beginnt MItte Juni. Und zwar mit einer Mannschaft, die zu 2/3 neu ist. Es gilt ein komplexes System zu etablieren, das bald zu funktionieren hat wie ein Uhrwerk. Immerhin wollen rund 40 Gerichte gekocht werden, die im Minutenabstand an die Tische gebracht wrden. Dazwischen entwickeln Adriá und seine Küchenchefs neue Gerichte, die Schritt für Schritt auf die Karte kommen. Und wie in der Versuchsküche vorbereitet, erlangen die Gerichte langsam aber sicher ihre Produktionsreife.
Unsere Arbeit ist das zu machen, was kein anderer auf der Welt macht. Als ich den Film zu ersten Mal schaue, frage ich mich ob der Typ im Keller lacht, so sehr fällt mir auf wie selten Adriá gut gelaunt oder gar aufgeräumt im Film zu sehen ist. Mürrisch wirkt er, abweisend, einfach müde. Später zweifle ich an meiner ersten Einschätzung und frage mich, ob es nicht das Fanatische ist, das Adriá zeichnet, der Hunger nach dem Gericht, oder dem Erlebnis Kochkunst. Oder Fassungslosigkeit über diejenigen, die ihm nicht folgen können? El Bulli – Cooking in Progress ist für mich ein schöner Film, der obgleich auch kleine Längen darunter sind, eine spannende Geschichte erzählt. Die musikalische Untermalung, (mir ist leider keine bessere Bezeichnung eingefallen), ist so fantasievoll wie die Gerichte. Von Genie und Fleiß wird erzählt, von Leidenschaft und Einsatz. Oder das hinter so manchem mehr steckt als man denkt ;-))
Nachtrag Der Film entstand 2010, kam 2011 in die Kinos um dann im März 2012 als DVD zu erscheinen. Das El Bulli ist mittlerweile geschlossen – es soll 2013 als eine Stiftung zur Ausbildung von Köchen wiedererstehen.